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Die Geschichte der Literatur

bearbeitet von Monika Hubl-Moussa
Renaissance, Humanismus, Reformation
* Die Volksbücher

Barock
* Weltliche Lyrik

Aufklärung
* Die Literatur wird vernünftig
* Fabel und Satire
* Lessing, die Vereinigung von Kopf und Herz
* Lichtenberg, der Selbstdenker

Empfindsamkeit
* Entdeckung des Herzens
* Die schöpferische Kraft der Seele
* Gellerts sanfte Wege
* Die empfindsame Idyllik
* Empfindsame Annäherungen
* Matthias Claudius, die Wahrheit der Empfindung

Sturm und Drang
* Die rebellierende Natur
* Die frühen Dramen Goethes und Schillers
* Der Dramatiker J.M.R. Lenz
* Goethes Werther
* Goethes modernes Erlebnisgedicht
* Die politische Lyrik
* Die Wiederentdeckung der Ballade
* Das beschädigte Ich
Klassik
* Humanität und Vollendung
* Die Versöhnung von Natur und Vernunft
* Bedeutungsvolles Bild - abgebildete Bedeutung
* Die Ballade in der Klassik
* Goethes "Iphigenie" und "Tasso"
* Schillers Dramen
* Goethes "Faust"
* Epische Modelle Goethes
* Gegenstimmen: Jean Paul, Hölderlein, Kleist

Romantik
* Flucht in die Unendlichkeit
* Das frühromantische Literaturkonzept
* Zauberhafte Lyrik
* Volksmärchen
* Zwischen Märchen und Novelle
* Der Erzähler E.T.A. Hoffmann
* Der romantische Roman als Lebensentwurf
* Dichtende Frauen in der Romantik

Restauration
* Entsagung und Empörung
* Das Drama der Restaurationszeit
* Das lyrische ich zwischen Revolution und Resignation
* Leben über dem Abgrund - Die Novelle
* Unheimliche Begegnungen - Ballad. Psychogramme
* Zeit und Raum - sinnliche Qualitäten in der Prosa

Realismus
* Aus der Enge in die Tiefe
* Sinnlichkeit und Sinn

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Renissance, Humanismus, Reformation

Die Volksbücher -
Entwicklung einer bürgerlichen Erzählprosa.

Noch mit dem Spätmittelalter verbunden sind die Volksbücher des 15./16. Jahrhunderts, zunächst für die adlige und bürgerliche Oberschicht bestimmt, kamen sie durch Bücher, bald auch breiter Leserschichten entgegen.
Stark verbreitet sind höfische Versromane, die Heldendichtungen, das antike Epos, Tierbücher, das Leben origineller Persönlichkeiten, sowie Schwank und Anekdotengeschichten auszumachen.

Wie zum Bsp. der 1515 und 1519 in hochdeutscher Sprache erschienene "Eulenspiegel" (Schwankroman), bildet sich aus verschienen Schwänken, zu einer Zentralgestalt. Durch Situationskomik bringt Eulenspiegel Dummheit und Unbelehrbarkeit regelmäßig an den Tag.

Durch Goethes "Faust" am Leben erhalten ist die "Historia von D. Johann Fausten" (1587).
Dessen Sinn ist, das der Glaube allein zum guten für den Menschen führt und nicht das Wissen.

Barock (1600-1720)

Liebe... -
Die weltliche Lyrik

Die barocke Lyrik ist die bleibende literarissche Leistung der Epoche. Einmal vermochte sich das lyrische ich im Rahmen geltender Daseinsordnungen bis zu einem gewissen Grade selbst auszusprechen, doch forderte gerade die Lyrik ein höchstmaß an eleganter Gestaltung
Drei Lyriker haben vor allem das lyrische Profil der Epoche geprägt.
Die sogenannten "Lissaer Sonette" von 1637 & 1639 erschienenen "Sonn-und Feiertagssonette" von Andreas Gryphius (1616-64) kreisen immer wieder um die Nichtigkeit und die Eitelkeit des Lebens.
Paul Flemmings (1609-40) "Teutsche Poemata", sind Zeugnisse, für baroker Liebesdichtung. Liebe ist in erster Linie eine Halt gebende, innige Vergewisserung der Beständigkeit der Liebenden.

Die Aufklärung

Johann Christoph Gottsched -
Die Literatur wird vernünftig

Anknüpfend an die klassizistische Regel- und Normenpoetik Frankreichs (Boileau), entwirft Johann Christoph Gottsched (1700-66), Professor in Leipzig, in seinem "Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Teutschen" (1730) das Programm einer vernünftigen Literatur. Wichtig sind ihn die Klarheit des Stils, Geschmack und Witz und der moralische Nutzen zur Förderung.
Gottscheds Regeln haben den Charakter von Gebrauchsanweisungen, beispielsweise bei der Gestaltung der Tragödie.

Fabel und Satire

Dominant ist im Zeitalter der Aufklärung, zumindest bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts, die belehrende Literatur zur Förderung einer vernunftsgeleiteten Lebenspraxis.
Die Fabel, veranschaulicht einen moralischen Satz, eine praktische Lebensweisheit durch die Einkleidung in eine Handlung, in der Tiere die eigentlichen Akteure sind.
In der Satire wiederum, werden verschiedene Themen Ironisiert, zum Bsp. durch Christian Ludwig Liskow (1701-60) der in scharfer Form, andere Autoren, als Zerrbilder der Vernunft ironisiert.
Der populärste Satiriker des 18. Jahrhunderts ost Gottlieb Wilhelm Rabner (1714-71) der komisch, lächerliche Charaktertypen aud dem normalen Leben in seinen Werken immer wieder darstellte.

Lessing -
die Vereinigung von Kopf und Herz

Gotthold Eprahim Lessing (1729-81) vollendet die Aufklärung der einfachen Bevölkerung, indem er deren einseitige Orientierung überwindet.
Sinnliche Wahrnehmung und innere Erfahrung bilden die Grundlagen aller Erkenntnis. Zukunfstsweisend sind Lessings kunst- und literaturtheoretischen Arbeiten. Im Wiederspruch zum klassischen Glaubenssatz "Wie die Bilder, so die Poesie", begreift er die bildende Kunst als ein Nebeneinander in der Zeit.
Ausdrücklich setzt er sich in seinem 17. Literaturbrief für Shakespear ein, der in seinen Dramen die menschlichen Verhältnisse ausdrückt. Gottscheds formale Bindungen an die drei Einheiten weist er zurück.
Als Dramatiker schafft Lessing das erste moderne Lustspiel. Die Charakter-komödie "Minna von Barnhelm" (1767), das Trauerspiel "Emilia Galotti" (1772) und "Nathan der Weise" (1779) das bedeutendste Beispiel für ein Ideendrama. Wahre Humanität gründet sich auf Empfinden und Handeln und Akzeptieren die Andersgläubigen in ihrem Glauben.

Lichtenberg -
Der Selbstdenker

Georg Christoph Lichtenberg (1742-99) Professor für Naturwissenschaften in Göttingen, vertritt die Literatur auf Erfahrung zu gründen und sich in kritischen Selbstdenken zu üben. Als scharfer Beobachter fängt er die Torheiten und Unzulänglichkeiten in knappen Fornmulierungen ein. Oft sind die Einfälle und reflexionen in wenigen Sätzen zusammengedrängt und enthüllen als eine Art Pfennigswahrheit den Zustand der Menschen und auch der Welt mit Worten.
Lichtenberg ist der Meister des knappen, schlagkräftigen prägnanten Worts.
Immer wieder kreisen seine Gedanken um den rechten Umgang mit Büchern: "Man muß Niemanden für zu groß halten und mit Überzeugung glauben, daß alle Werke für die Ewigkeit, die Frucht des Fleißes und einer angestrengten Aufmerksamkeit gewesen sind. "Skeptisch beurteilt Lichtenberg schließlich das bloße Gerede über die Aufklärung.
Und meinte: "Man spricht viel von Aufklärung und wünscht mehr Licht. Mein Gott, was hilft aber das Licht, wenn die Leute entweder keine Augen haben, oder die, welche sie haben, vorsätzlich schließen!"

Empfindsamkeit

Die Entdeckung des Herzens

Um die Mitte des aufgeklärten Jahrhunderts begann das Gefühl gegen die allzu einseitige Herrschaft der Vernunft aufzubegehren. Das Herz meldete unmißverständlich seinen Anspruch an, wo bereits alles dem Kopf unterworfen schien.
Insbesondere an der Universität in Halle trat der evangelische Theologe August Hermann Francke (1663-1727) er leitete eine Verinnerlichung und Vertiefung des Denkens ein.
Die Zuwendung zum eigenen Innern verfeinerte und kultivierte auch den Sinn für die zartesten Nuancen der Stimmungen und Empfindungen. Auf diesen Boden entfaltete sich die literarische Empfindsamkeit. Die Ausdrucksformen wie das Tagebuch und der lyrische Brief gewannen an Bedeutung, die lyrische Dichtung und das Idyll erreichten einen Höhepunkt. Der Epochenname selbst geht auf Lessing zurück, der für die Übersetzung von Sternes "Sentimal Journey" das Wort "empfindsam" empfahl.

Die schöpferische Kraft der Seele -
Klopstocks "Messias"

Bahnbrechend für das neue empfindsame Bewußstein war Friedrich Gottlieb Klopstock (1724-1803) von John Miltons "Paradise Lost" (1667) angeregter "Messias". Die ersten drei Gesänge lagen bereits 1748 schon vor. Der abaschließende vierte Band erschien 1773.
Beherrschend sind der versöhnliche Ton und die Gewißheit des im letzten triumphierenden Guten.
Im Unterschied zur erwarteten objektiven Darbietung läßt Klopstock die auftretenden Figuren jetzt aus ihrem eigenen, Erleben sprechen. Alles scheint vermenschlicht, durchdrungen von einer empfindsamen Annäherung an die wirklichen Glaubensgehalte.

Gellerts sanfte Wege

Christian Fürchtegott Gellert (1715-69) verbindet in seinen zeitgenössisch populären Werken das Lehrhafte der Aufklärung. Gellerts Lustspiel "Die Betschwester" (1745) behandelt den Konflikt des Mannes zwischen zwei Frauen. Das tragigkomische, weinerliche Lustspiel gestaltet er mit rührenden Elementen und einem glücklichen Ausgang.
Auch in Gellerts (1747/48) erschienenem Roman "Das eben der schwedischen Gräfin von G." geht es um ein Dreieckverhältnis. Der in der Ich-Form erzählte Roman hat seine Vorzüge in der sensiblen psychologischen Darstellung. Gefühle und Empfindungen werden reflektiert, und ihre Bedeutung für eine echte Mitmenschlichkeit im Verhalten verwirklicht.
Sein sinziges größeres Erzählwerk nach englischen und französischen Vorbildern (Richardson, Prevóst) begründete den empfindsamen Roman in Deutschland.

Die empfindsame Idyllik

Die Sehnsucht nach der Idylle

Die Hinwendung des Diesseits, das streben nach Glückseligkeit. Die Sehnsucht nach einem harmonischen Dasein im Abseits im Einklang mir der Schönheit der Natur. Die Grenzen zur Poesie des Rokoko wurden dabei fließend.
Einde der ersten großen idyllischen Dichtungen des 18.Jahrhunderts ist Ewalds von Kleist und Friedreich (genannt Maler) Müller ragt unter den idyllischen Dichtern vor allem der Schweitzer Salomon Geßner (1770-88) hervor. Seine 1765 erschienenen Prosaidyllen sind empfindsame Bilder der ungestörten Harmonie von Natur und Mensch.

S. Geßner "Der Wunsch"
Könnt´ich in einsamer Gegend mein Leben ruhig wandeln, im kleinen Landhaus, beim ländlichen Garten...
...in dem eine kühle Brunnenquelle unter dem Traubengeländer rauschet, an deren abfließenden Wasser die Ente mir ihren Jungen spielte.

Empfindsame Annäherungen -
Das Gedicht als Zwiegespräch des Ichs mit der Welt

Sinnliches Erleben, spontanität des Gefühls ließen sich am eindrucksvollsten in der Lyrik verwirklichen. Einem Vorklang bildet Albrecht von Hallers (1708-77) großes Naturgedicht "Die Alpen" (1732), in dem Rahmen einer kritischen Gegenüberstellung von Natur und Zivilisation die gewaltige Züge annimmt.
Von Kloppstock unmittelbar angeregt wurde Ludwig Christoph Heinrich Hölty (1748-76), der begabteste Lyriker des "Göttiger Hains", eines 1771 gegründeten Freundschafts- und Dichterbundes.
Ihm gehörte auch der bis heute geschätzte Horner-Übersetzer Johann Heinrich Voß an. Verglichen mit Kloppstocks "Oden" sind Höltys 1783 postum erschienene "Gedichte", von einem sich ganz sanft verströmenden Gefühl. Das Gedicht gibt nun wieder, was das Leben in das lyrische Ich hineingegeben hat.

Matthias Claudius -
Die Wahrheit der Empfindung

Matthias Claudius (1740-1815) ist der bedeutendste Dichter und Autor der Epoche. Zwischen 1775 und 1812 erschienen in acht Teilen seine sämtlichen Werke unter dem Zeitungstitel "Der Wandsbecker Bote". Bevorzugte Redeweisen des "Boten" sind das Gespräch, die Rede, der Brief, und nicht zuletzt das Gedicht, Formen der Ich-Aussprache und der Zuwendung zum andern. Den Kern bildet jeweils der Ausstausch von Empfindungen, Gedanken, Meinungen, Urteilen.
Vermittelt wird die Botschaft eines selbst empfindenen Querdenkers, der sich niemals einfangen läßt von der Selbstüberschätzung der Menschen im Zeitalter der Vernunft.
Die Gedichte von Matthias Claudius gehören zu den lyrischen Höhepunkten der deutschen Literatur.
Im "Abendlied" ("Der Mond ist aufgegangen") sind die strahlenden Himmelslichter Sinnbilder gläubiger Sehnsucht in der Finsternis. Mit dem aufsteigenden Nebel richtet sich der Blick empor zur eigentlichen Heimat des Menschen, aus der er gekommen ist und in die er wieder einkehren wir.

Sturm und Drang (1767-1785)

Die rebellierende Natur

Der Sturm und Drang, so genannt nach dem gleichnamigen Drama von Friedrich Maximillian Klinger aud dem Jahr 1776, wandte die Kräfte des Gefühls weniger nach innen als nach außen. Die mehr introvertierte Empfindsamkeit wandelte sich zu extrovertierter Leidenschaft, das Streben nach selbstgenügsamer Entfaltung des inneren Reichtums zum Streben nach kritischer Veränderung der äußren Verhältnisse.
Im Zeitalter Jean-Jaques Rousseaus (1712-78) mit seinem "Zurück zur Natur!" glaubte man an den Menschen als ein ursprünglich freies Geschöpf der Natur. Ohne Zwänge der Zivilisation zu Leben, also zurück zu dem Ursprung.
Der Philosoph Johann Georg Hamann (1730-88) hob die Schöpferkraft des Gefühls hervor und trat für das Genie ein, das Regeln immer wieder neu erschüttern müsse ("Sokratische Denkwürdigkeiten", 1759).
Sein Schüler Gottfried Herder (1744-1803) nannte die Sprache den "Gesang der Natur". Nicht die Nachahmung fremder Modelle führt nach seiner Auffassung zur Entfaltung der eigenen nationalen Krativität (keine "schiefen Römer"), sondern allein die Besinnung auf die urwüchsigen, muttersprachlichen Kräfte ("Fragmente", 1767).

Das Wesen des Liedes ist Gesang, nicht Gemälde; seine Vollkommenheit liegt im melodischen Gange der Leidenschaft oder Empfindung, den man mit dem alten treffenden Ausdruck "Weise" nennen könne. Fehlt diese einem Liede, hat es keinen Ton...

J.G. ,Einleitung zu seiner "Volkslieder-Sammlung"

Die frühen Dramen Goethes und Schillers

Am 14.April 1774 wurde in Berlin Johann Wolfgang Goehtes (1749-1832) "Götz von Berlichingen" uraufgeführt und begeistert aufgenommen. Götz von Berlichingen, eine historische Gestalt aus der Zeit der Bauernkriege, ist das große, nach Freiheit strebende Individiuum.
In bewußter Abweichung vom Regeldrama schreibt Goethe sein Stück in volkstümlicher Prosa und löst alle Bindungen an die Einheiten von Handlung, Zeit und Ort auf. Im "Götz" verwirklicht Goethe, was er 1771 in seiner Rede "Zum Shakespeares-Tag" ausgeführt hatte. Shakespeares Stücke drehen sich alle um das Eigentliche unseres Ichs, die Freiheit unsres Willens.
Paralelen stehen zu Friedrich Schiller (1759-1805) 1781 anonym erschienenem, am 13.Januar 1782 in Mannheim uraufgeführten ersten Schauspiel "Die Räuber".

Dramatiker J.M.R.Lenz

Im Zentrum der Prosadramen von Jakob Michael Reinhold Lenz (1751-92) stehen Verletzungen, Leiden unterdrückter Menschen. Sein erstes Drama "Der Hofmeister oder Vorteile der Privaterziehung" schrieb Lenz 1772. Die Uraufführung fand 1778 in Hamburg statt.

Leidenschaft und Leiden -
Goethes "Werther"

Goethes Briefroman "Die Leiden des jungen Werthers" (1774) wurde zum Kultbuch der jungen Generation am Ausgang des 18.Jahrhundert. Autobiographischer Hintergrund ist Goethes Aufenthalt in Wetzlar im Jahr 1772, wo er Charlotte, der Verlobten eines Gesandschaftssekretärs begegnete und sie erfolglos umwarb.
Machte Lenz die von der Natur entfremdete Gesellschaft entscheidend für das Leiden des einzelnen mitverantwortlich, warnt Goethe vor dem fatalen Wirklichkeitsverlust durch das nur am eigenen Gefühl orientierte Erleben. Selbstverwirklichung setzt die Öffnung des Ichs für das andere und die anderen ebenso voraus wie die Bereitschaft der anderen, das Ich aufzunehmen.

"Es schlug mein Herz..." -
Goethe und das moderne Erlebnisgedicht

In der Straßburger Zeit zwischen 1770 und 1771 erfuhr Goethes Lyrik, bis dahin noch mehr der Rokoko-Poesie verpflichtet, ihren Durchbruch zum Erlebnisgedicht.
Erlebnis meint die bedeutungsvolle Erfahrung in der spontanen Begegnung des Ichs mit der Welt, eine Erfahrung, die als Bereicherung der eigenen Persönlichkeit empfunden wird. In "Willkommen Abschied" erlebt das lyrische Ich die Natur in unmittelbarer Anschauung.
Nur wenige Jahre später, im Herbst 1774, entstand die große Hymne "Prometheus" in reimlosen, freien Rhythmen.
Schöpfung ist für ihn Selbstverwirklichung und Hingabe zugleich. Im Rückblick auf seine Jugenddichtungen schreibt Goethe, "daß die ganze Schöpfung nichts ist und nichts war als ein Abfallen und Zurückkehren zum Ursprünglichen" und "daß wir, indem wir von einer Seite uns zu verselbsten genötigt sind, von der andern in regelmäßigen Pulsen uns zu entselbstigen nicht versäumen." ("Dichtung und Wahrheit", 8.Buch)

Die politische Lyrik

Im Sturm und Drang entwickelte sich als Ausdruck des inneren Widerstandes, das gesellschaftskritische Gedicht. Sein wichtigster Vertreter ist Christian Friedrich Daniel Schubart (1739-91).

Das bürgerliche Epos -
Die Wiederentdeckung der Ballade

Angeregt durch die alten englisch-schottischen Balladen wie auch durch die deutschen Volksballaden, entwickelten Gottfried August Bürger (1747-94) und Ludwig Heinrich Hölty in den siebziger Jahren die deutsche Kunstballade. Nachdem Epos mit seinen Helden unzeitgemäß geworden war, bot sich das kurze Gedicht als Ausdruck bürgerlichen Selbstverständnisses an. Insbesondere die beschränkung der Ballade auf die Situation, in der Konflikt offenbar wird, machte sie geeignet für die pointierte Darstellung sozialer Krisen. Maßstabsetzend war vor allem Bürgers "Leonore" (1774).

Das beschädigte Ich -
Karl Phillip Moritz' "Anton Reiser"

Karl Phillip Moritz (1756-93) nennt seinen zwischen 1785 und 1700 in vier teilen erschienenen "Anton Reiser" einen psychologischen Roman, die auf das individuelle Dasein aufmerksam machen soll.

Klassik

Humanität und Vollendung

Im Jahr 1789 trat Goethe von Weimar aus seine erste Italien Reise an. Mit der Übersiedlung in die Residenzstadt des Herzogstums Sachsen-Weimat und der Einstellung in herzogliche Dienste hatte die klassische Wende eingesetzt. Ihre soziale Basis bildete die Verbindung des Bildungsbürgertums mit dem Adel. Auf der Reise begann Goethe, seine beiden noch in Prosa geschriebenen Dramen "Iphigenie" und "Tasso". In Antiken Skulpturen, insbesondere auf Sizilien, begegnete Goethe die "edle Einfalt und stille Größe" des Menschen, wie sie bereits der Italienreisende Johann Joachim Winckelmann (1717-68) in seinen "Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke" (1755) gepriesen hatte. In der vollendeten plastischen Gestaltung prägte sich für Goethe das ideale Menschenmaß schlechthin aus, die Harmonie von Körper und Geist. Die klassische Dichtung strebt auf dem Höhepunkt bürgerlichen Selbstbewußtseins nach der Darstellung der vollendeten diesseitigen Persönlichkeit. Während Goethe die vollkommende Ausbildung des Menschen, die Entfaltung seiner geistigen und seelischen Anlagen in der Kunst für realisierbar hielt, verstand Schiller als Ideal, das nur als Abglanz des Vollkommenen zu gestalten war. In den reifen Werken Goethes spiegelt sich tragisches Bewußtsein wieder, der Konflikt zwischen Vollendung und Wirklichkeit. Für beide Repräsentanten der klassischen Literatur aber war das Streben nach Humanität, nach dem Guten, Wahren und Schönen das höchste Ziel menschlichen Lebens, gegenwärtig selbst noch im tragsichen Scheitern. In vollendeter Form soll den Philosophen und Sprachforscher Wilheln von Humboldt (1767-1835) geht es bei aller Erziehung um die Formung des Lebens zu einem Kunstwerk.

Die Versöhnung von Natur und Vernunft - Schillers Programm klassischer Dichtung.

Friedrich Schiller (1759-1805) ist der philosophische Kopf der klassischen Phase. In einer Reihe von Briefen "Über die ästhetische Erziehung des Menschen" (1795) erörtert er das Wesen des Schönen, der ursprünglichen Harmonie von Vernunft und Natur. Das Eindringen rationaler Wissenschaft hat die Harmonie zerstört und den Menschen, von der Natur entfremdet.
Aufgabe der Kunst ist es, die verlorengegangene Einheit spielerisch wiederherzustellen.
In seinem literaturtheoretischen Essay "Über naive und sentimentalische Dichtung" (1795/96) setzt Schiller seine Erörterungen des Verhältnisses von Ideal und Wirklichkeit fort.
Sah Schiller in Goethe den Protottyp des naiven Dichters, der das Ideal in sinnlicher Realisierung als wirklich vorstellt, so verstand er sich selbst als Dichter des Sentimentalischen, der die letztliche Unversöhnlichkeit von Sinnlichkeit und Idealität hervorhebt.

Bedeutungsvolles Bild - abgebildete Bedeutung

Die klassische Lyrik strebt nicht nach liedhafter Unmittelbarkeit, sondern nach gedanklicher Vertiefung.
In dem 1813 entstandenen Gedicht "Gefunden" nimmt Goethe noch einmal das Motiv des Heiderösleins auf. Aus der Blume im Wald, absichtslos und mehr zufällig entdeckt, entwickelt sich ein Sinnbild der ein Leben lang Geliebten und der zärtlich gepflegten Liebe selbst. Gewinnt bei Goethe das geschaute Einzelbild durch die Darstellung an Bedeutung, so geht Schiller in seinem 100 gedruckten Gedicht "Nänie" von der Bedeutung aus, die er in einem Beispiel abbildet. "Auch das Schöne muß sterben!"
Die zwichen 1788 und 1790 nach der Rückkehr Goethes aus Italien entstandenen "Römischen Elegien" sind im Stil der römischen Liebesdichtung in Distichen geschrieben.
Befreiend erlebt das lyrische Ich aus dem grauen Norden den heiteren, farbigen Zauber des Südens.
Schillers klassische Lyrik war im westlichen um 1800 abgeschlossen. Gedichte wie "Das Ideal und das Leben" (1795) und "Das Lied von der Glocke" (1799) sind geprägt von der gedanklichen Darstellung und Durchdringung des menschlichen Daseins, der beispielhaften Schilderungen der einzelnen Lebensstufen, aber auch nach Befreiung aus den Fesseln des Alltags.
Der lehrhafte und reflektierende Ton, charakteristisch für die Lyrik Schillers, gewinnt auch in Goethes späterer Lyrik breiteren Raum. Angeregt von der Liedersammlung (Divan) des persischen Dichters Hafis wandte sich Goethe in seinem "West-östlichen Divan" (1819) der orientalisierenden Dichtung zu.

Die Ballade in der Klassik

Für Goethe ist die Ballade das "Ur-Ei" der Dichtung schlechthin, da sich ihr das Lyrische mit dem Dranatischen zusammen mischt. Die Ballde gestaltet in einer einzigen beispielhaften Situation grundlegende Gehalte menschlichen Daseins. Zum Bsp. im "Zauberlehrling" (1797).
Schillers Ideenballaden kreisen um Gefährdung und Triumph der Humanität. Im "Ring des Polykrates" (1797), "Die Kraniche des Ibykus" (1797) und bei "Die Bürgschaft" (1799). Die Idee und die Praxis edler Menschlichkeit begründen die humane Gemeinschaft.

Goethes "Iphigenie" und "Tasso"

Als programmatisch für die Klassik und ihr Humanitätsideal gilt Goethes Drama, entstanden 1779 auf der Italien-Reise, in fünfhebige Blankverse umgeschrieben. Dieses Drama ist mit seiner eleganten Verssprache, seiner strikten symmetrischen Struktur ein vor allem ästhetischer Entwurf des klassischen Menschenbildnis.
Zwischen 1788 und 1789, ebenfalls noch in Italien, arbeitete Goethe auch seine Dichtertragödie "Tasso" in Blankverse um. Die Grenze der Humanität verläuft dort, wo sie einzutreten versucht in Gesellschaft und Geschichte.

Schillers Dramen

Schillers Domäne ist das Geschichtsdrama. Seine bedeutendste Leistung als Dramatiker bildet die "Wallenstein"-Tragödie (1798/99) mit den Teilen "Wallensteins Lager", "Die Piccolomini" und "Wallensteins Tod". Die tragische Verflechtung des einzelnen, ist der Geschichte bestimmt ebenfalls Schillers "Maria Stuart" (1800).
"Wilhelm Tell" (1804). Schillers letztes vollendetes Drama, behandelt das Streben nach Freiheit. Schillers "Volksstück" ist getragen vom Konflikt zwischen politischer Macht und ursprünglicher Natur, den die Natur für sich entscheidet, weil alle Macht die dem Menschen Gewalt antut, widernatürlich ist.

Goethes "Faust"

Anknüpfend an die "Historia von D. Johann Fausten" (1587), entwarf Goethe die ersten Szenen bereits zwischen 1773 und 1775. 1808 war der Tragödie erster Teil abgeschlossen. In einem vorausgeschickten Dialog zwischen dem Herrn Mephistpheles erscheint Faust als der beispielhafte Vertreter der Menschheit. Die Vollendung des Menschen ist auch in Goethes Alterswerk, als imerwährender Weg zu ihm gestaltet.

Epische Modelle Goethes

Goehtes dichteres Werk umfaßt in allen Schaffensphasen Lyrik, Epik und Dramatik, die drei "Naturformen" der Dichtung, wie er es selbst einmal formulierte. Nach dem "Wehrther" und den "Unterhaltungen" deutscher Ausgewanderten" (1795), einem Novellenzyklus in der Nachfolge von Boccaccios "Decamerone" (um 1350), wandte er sich zum Bildungs- und Entwicklungsroman zu.
Zwischen 1795 und 1796 erschienen "Wilhelm Meisters Lehrjahre". Dem Helden geht es darum, "mich selbst, ganz wie ich da bin, auszubilden".
Folgen die "Lehrjahre" geradlinig dem Lebenslauf des Helden, so gibt Goehte in den 1821/29 (Umarbeitung) erschienenen "Wilhelm Meisters Wanderjahren" das linealprinzig auf. Das handlungsarme Geschehen zerfällt in eine Fülle von kleinen Erzählformen , die Gehalte und Ziele der persöhnlichen Bildung reflektieren. Tragisch endet die Entwicklung in Goethes 1809 erschienenen Roman "Die Wahlverwandtschaften" Anknüpfend an eine zeitgenössische Veröffentlichung aus der Chemie, nach der Elemente einmal eingegangene Verbindungen wieder auflösen, um Verbindungen mit anderen Elementen einzugehen, stellt der Roman vier Personen in einer Art Experiment in einen Zusammenhang von Reiz und Reaktionen.

Geniale Gegenstimmen: Jean Paul, Hölderlein und Kleist

Das Ideal der Humanität, der Glaube an die Utopie vollendetet Menschlichkeit gelten in strengen Sinn nur für das Denken und Dichten Goethe und Schillers. Zu ihren Stimmen bilden sich auch Gegenstimmen, die weniger das Idealistische und Utopische als das Tragische menschlicher Existenz betonten. Bezieht man die Werke Jean Pauls (1763-1825), Friedrih Hölderleins (1770-1843) und Heinrich von Kleists (1777-1811) in die sogenannte klassische Phase der deutschen Literatur mit ein.

In seinem Roman "Siebenkäs" (1796/97) erzählt Jean Paul (eigentlich Johann Paul Friedrich Richter) die Geschichte der allmählichen Entfremdung eines Ehepaars. Charakteristisch ist die Spannung zwischen empfindsamer, nach innen gewandter Schwärmerei und satirischer Entlarvung.
Jean Pauls zwischen 1800 und 1803 erschienener Roman "Titan" zeigt die Zwiespältigkeit idealer Erziehungskonzepte. In dem Maß wie Albano auf dem Weg zur harmonischen Persöhnlichkeit voranschreitet, werden seine menschlichen Konturen undeutlicher.

Friedrich Hölderleins Oden in antiken Versmaßen, gedankliche Gedichte in hohem, feierlichen Stil, und seine Elegien, beide zwischen 1797 und 1806 entstanden, gehören zu den bedeutesten lyrischen Leistungen der Literatur. Ausdrücklich nennt Hölderlin seine Oden "tragisch", geprägt von dem ursprünglichen Verlust des Einklangs der Natur und Leben, der selbstverständlichen Harmonie des Göttlichen mit dem Menschlichen. Die antiken Formen sind Ausdruck der Sehnsucht nach der idealisierten altgrichischen Zeit.
Immer wieder findet sich das lyrische Ich allein mit seiner Sehnsucht.

Heinrich von Kleist, die dritte gewichtige Gegenstimme ist Dramatiker und Erzähler von hohem Rang. Mit dem "Zerbrochenen Krug" (1808') schrieb er eine der wenigen bedeutendn Komödien der deutschen Literatur. Die Entdeckung des leidenschaftlich bewegten Menschen und die Gewißheit eines im Kern gebrechlichen Weltzustandes ließen Kleist zum Begründer der modernen Novelle werden. "Michael Kohlhaas" leitet den ersten, 1810 erschienenen Band der Erzählungen ein.

Romantik

Flucht in die Unendlichkeit

Die zumeist in den siebziger Jahren des 18. Jahrhunderts geborenen Romantiker erelbten die 1789 einsetzende Französische Revolution bereits in den jungen Jahren als Aufbruch und Sackgasse. Vollendung konnte für sie im Unterschied zum klassischen Idealismus nicht länger in der endlichen Wirklichkeit erreicht werden, sondern allein in einer poetisch geahnten und gestalteten unendlichen Welt, in der die realgeschichtlichen Bedingungen ihre Gültigkeit verloren und die Enge der Verhältnisse in der Weite der Phantasie überwunden war.
Nicht das, was ist, sondern das, was wird, nicht der graue Alltag, sondern das bunte Land der Phantasie erschienen den Romantikern darstellenswert.

Das frühromantische Literaturkonzept

Die romantische Bewegung entfaltete sich in drei Phasen. Die philosophisch bestimmte Frühromantik setzte 1797 mit Wilhelm Heinrich Wackenroders (1773-98) "Herzensenergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders" in Berlin ein und fand in Jena mit der Programmzeitschrift "Athenäum" ihren Höhepunkt, Freidrich Schlegel formulierte den zentralen Begriff von der "progressiven Universalpoesie", die sowohl das Wirkliche wie das Mögliche, das Diesseitige..., die Phantasie wie das Phantastische umfassen und verändernd in alle Lebensbereiche eindringen sollte. Ziel war eine poetische Umgestaltung des Daseins aus der Sicht schöpferischer Phantasie. Mit August Wilhelm Schlegels Berliner "Vorlesungen über schöne Literatur und Kunst" (1802-04) klang die erste Phase aus. Die mittlere oder auch Heidelberger Romantik genannte Phase richte bis 1815. Besonderes Interesse galt der sogenannten volkstümlichen Dichtung, dem Volksmärchen und dem Märchen. Clemens Brentano und Achim Arnim gaben zwischen 1806 und 1808 "Des Knaben Wunderhorn", eine Sammlung volkstümlicher Lyrik heraus. Zwischen 1812 und 1819 erschienen die "Kinder- und Hausmärchen" der Brüder Grimm.
Die Spätromantik reichte bis 1830 und darüber hinaus. In dieser Phase beschäftigte sich die Lyrik verstärkt mit religiösen Themen.

"Triffst Du nur das Zauberwort"
Lyrik als magische Gebärde

In den Gedichten Novalis, Brentano und Eichendorff erreichte die romantische Lyrik ihren charakteristischen Ausdruck und ihren Höhepunkt.

Novalis sechs "Hymnen an die Nacht", wurden 1800 veröffentlicht. Das Erlebnis der Liebe und des Todes löst die Begrenztheit des Lebens auf und läßt die Ewigkeit ahnen. Endliche und Unendliche Wirklichkeit durchdringen sich auch in den "Geistlichen Liedern" (1801).

Die Lyrik Clemens Brentanos übersteigt immer wieder die Wirklichkeit und entfremdet und öffnet sie zugleich für die Botschaften einer Welt ohne eines beengten und bedrückten Alltags. Hier einige seiner Werke: "Tisch der Sehnsucht", "Sprich aus der Ferne", "Abendständchen", "Wiegenlied".

Ähnlich wie Brentano fügt der spätromantische Lyriker Joseph von Eichendorff, dem ganzheitlichen Denken der Romantik verbunden, seine Gedichte in Erzählungen und Romane ein. Seine insbesondere vom Volkslied inspirierten Gedichte umkreisen wenige Motive. Das einsam wandelnde Lyrische Ich genießt die Natur und fühlt sich immer wieder ergriffen von der Sehnsucht. In Möglichkeitsform erscheint die Wirklichkeit nur noch als Ort des Aufbruchs. Einige seiner Gedichte sind: "Abschied", "Heimweh", "Sehnsucht", "Das zerbrochende Ringlein".

Volksmärchen, Kunstmärchen

Der poetische Charakter des Märchens, seine Weigerung, verwirklichte Wirklichkeit einfach hinzunehmen, mußte re vor allem die Romantiker faszinieren, die in der volkstümlichen Überlieferung die ursprüngliche Poesie der Gattung wiederentdeckten. Zwischen 1812 und 1819 gaben Jakob und Wilhelm Grimm die zumeist auf mündliche Überlieferung zurückgehenen "Kinder- und Hausmärchen" heraus. Mit ihnen war der Typus des Volksmärchens geschaffen, wenn insbesondere auch Wilhelm Grimm in die überkommenen Texte stilistisch und strukturell erheblich eingriff. Durch Kontamination (Verknüpfung) mehrerer Versionen, Umstrukturierung der Handlung und einheitliche Stilisierung entstand ein charakteristischer Märchentyp.
Mit den Volksmärchen teilen die Kunstmärchen Brentanos ("Gockel, Hinkel, Gackeleia", 1838), Tiecks ("Die Elfen", 1811), Hoffmanns ("Der goldenene Topf", 1813/14, "Nußknacker und Mausekönig",1816) und Hauffs ("Die Geschichte von Kalif Storch", 1825, "Der Zwerg Nase", 1827) als bewußte individuelle Schöpfungen. "Hyanzinth und Rosenblütchen" (1797) von Novalis gilt als beispielhaft für das frühromantische Märchen.

Autoren der mittleren Romantik: (1805-1815)

  • Achim von Arnim (1781-1831)
  • Clemens Brentano (1778-1842)
  • Johann Joseph Görres (1776-1831)
  • Joseph Görres (1776-1859)
  • Jakob Grimm (1785-1863)
  • Wilhelm Grimm (1786-1859)
  • Zacharias Werner (1768-1823)

Zwischen Märchen und Novelle

Der Tendenz der Romantiker, Gattungen zu mischen, kam die Novelle mit ihren Begebenheiten und überraschenden Wendungen entgegen. Beliebt war vor allem die Verschmelzung der Novelle mit dem Märchen. In dieser Verschmelzung entsteht Spannung zwischen Wirklichkeit und Möglichkeit, zwischen der Gewißheit des verlorenen Paradieses und der Sehnsucht nach seiner Wiedererlangung. Ein klassisches Beispiel stellt Friedrich de la Motte Fouqués "Undine" (1811) dar. In der naiven Harmonie von Natur und Mensch erfüllt sich zunächst die Liebe Undines und des Ritters. Die spätere Wende vom wunderbaren zum Wirklichen, vom Märchen zur Novelle, zerstört das Glück des Einklangs von Natur und Mensch.
In Adalbert von Chamissos (1781-1838) "Peter Schlemihl" (1814) nimmt Das Wunderbare seinen Ausgang von einer menschlich ungenügenden Wirklichkeit.
Überhaupt zeigt eine Reihe von romantischer Novellen die Tendenz, nach der Erfahrung verengter Wirklichkeit die gesellschaftlich-geschichtliche Realität ins Weite und Utopische zu öffnen. Dies gilt neben Achim von Arnims "Isabella von Ägypten" (1812), wie für die Joseph von Eichendoffs "Aus dem Leben eines Taugenichts" (1826). Novelle und Märchen gehen in der Romantik mannigfache Verbindungen ein, in denen die Begrenztheiten des Alltags im Ausblick auf ein unbegrenztes Dasein aufgehoben erscheinen.

Der Erzähler E.T.A. Hoffmann

E.T.A. Hoffmann ist der bedeutendste Erzähler der Romantik. Seine Erzählungen gestalten den unlösbaren Widerspruch von Alltag und Poesie, von der erfahrenen realen Bdingtheit und dem in der Phantasie geschauten Unbedingten. Hoffmanns Medium ist das Kunstmärchen. Sowohl im "Goldenen Topf" (1814) als auch im "Klein Zaches" (1819) gehen die von der Poesie erfüllten und geleiteten Figuren schließlich in ein wunderbares Märchenreich jenseits des Alltags ein.

Der romantische Roman als Lebensentwurf

Im Zentrum der romantischen Literatur steht der von Goethes "Wilhelm Meister" inspirierte Roman als Ausdruck des charakteristischen Lebensgefühls der Epoche. Ziel ist die Darstellung der Bildung eines Menschen, der liebend und in Auseinandersetzung mit der Welt reif wird für ein erfülltes Leben in der Gemeinschaft. Der romantische Roman gestaltet über die Alltagswelt hinausgehobene Leitbilder, in denen die ideale Existenz in Ahnungen und peotischen Entwürfen Konturen gewinnt, ohne allerdings in der geschichtlichen Gegenwart wirklich Fuß zu fassen. Modell einer solchen Romankonzeption ist Wilhelm Heinrich Wackenroders 1797 entstandenes Werk "Herzensergießungen eines kunstliebenen Klosterbruders".
Der Künstler steht auch im Mittelpunkt von Ludwig Tiecks "Franz Sternbalds Wanderungen" (1798).
"Heinrich von Ofterdingen" (1799) von Novalis, der bedeutendste Roman der Romantik, ist Fragment geblieben. Heinrich wird im ersten "Erwartung" genannten Teil allein durch die Kunst der Liebe gebildet. In der Liebe zwischen ihn und Mathilde beginnt sich die Selbsterfüllung in der Zuwendung zum anderen zu verwirklichen.
In diesem Sinne führt auch Eichendorff deinen Helden, den Grafen Friedrich, in "Ahnung und Gegenwart" (1811) nach einer ausgedehnten Phase des Schweifens zur Einsicht ins Ungenügen der Welt.
In den Ernst August Friedrich Klingemann (1777-1831) zugeschriebenen, anonym erschienenen "Nachtwachen". Von Bonaventura (1804) erscheint die Sinnlosigkeit des Lebens unaufhebbar. Verbunden sind die locker gereihten Episoden durch die trostlose Perspektive des Kommentators, dem die Öde der Welt fortgesetzt begegnet, ohne daß sich Ausblicke auf das Unbedingte und Unendliche öffnen.

Dichtende Frauen in der Romantik

Die Romantik entdeckte und würdigte ertmals die weibliche Kreativität. Eine bedondere Stellung in der Frühromantik nimmt Karoline Schlegel (1763-1809) ein. Sie hatte wesentlichen Anteil an den Shakespeare-Übersetzungen ihres Mannes August Wilhelm. Wichtig für ihre theoretischen Vostellungen, sind vor allem ihre geistreichen Briefe aus der Frühromantik. Ihre wichtitgste Leistung ist aber wohl das Kunstgespräch "Die Gemälde" (1799) anläßlich eines Besuchs der Dresdener Kunstgalerien.

Die literarisch begabteste unter den dichtenden Frauen der Romantik ist zweifellos Bettina von Arnim, die Schwester Clemens Brentanos (1785-1859).
In dem zum größten Teil fingierten Briefroman "Goethes Briefwechsel mit einem Kinde" (1835) entwirft sie in frei schwebender poetischer Phantasie ein subjektives Goehtebild, in das der romantische Glaube an die unendliche Schöpferkraft des Künstlers eingegangen ist. "Dies Buch gehört dem König" (1843) enthält ein erfundenes Gespräch mit Goehtes Mutter, in dem die Dichterin für die Freiheit gegen spießige Moral und für die geistige und politische Emanzipation der Frau eintritt.

Eine oft untrschätzte Dichterin ist die mit Brentano befreudnete Luise Hensel (1798-1876). In ihrer geistlichen Lyrik gestaltet sie die Erfüllung des menschlichen Glückstrebens in der unbedingten Zuneigung zu einem Gott der Liebe. Die romantische Sehnsucht nach dm Unendlichen und Unbegrenzten konkretisiert sich in einer allumfassenden christlichen Liebesreligion, wie sie in der Spätromantik mehr und mehr in den Mittelpunkt trat und die freigeistigen Vorstellungen der Romantiker abzulösen begann. Berühmt geworden ist vor allem ihr Abendgebet "Müde bin ich, geh' zur Ruh'".

Restauration

Entsagung und Empörung

Der Biedermeier ist die Bezeichnung für die geistige Haltung dieser Zeit. Der Begriff Biedermeier verweist auf einen bestimmten Stil der Inneneinrchtung. Die Aussageweisen der Zeit sind geprägt von dem Lebensgefühl.

Problematisches Handeln und scheiternde Helden - Das Drama der Restaurationszeit

Franz Grillparzers (1791-1872) lyrisches Drama "Des Meeres und der Liebe Wellen" (1831), eine tragische Liebesgeschichte. Im Angesichts ihres toten Geliebten erhebt sie Anklage gegen die Menschen. Eine Zeit, die den einzelnen durch Zwänge um seine tiefste Erfüllung bringt und zum Opfer macht, persönliche Katastrophen entstehen.
Kaum ein anderes Stück spiegelt so nachhaltig restauratives Bewußtsein wie Grillparzers "Der Traum ein Leben" (1834). Der Traum von Abenteuern, Ruhm und Macht endet, in die Tat umgesetzt, im Desaster. Ein bescheidenes Glück findet der Mensch allein in der selbstgewählten, idyllischen Beschränkung.

Die großen Gestalten in Christian Dietrich Grabbes (1801-36) Geschichtsdramen sind weniger heroische Täter als Opfer beschränkter Verhältnisse. Im "Hannibal" (1835), "Napoleon oder die hundert Tage" (1831). Die Bedingungen und Ziele verändernden politischen Handelns werden in einer Geschichtsphase ohne Perspektive und Zukunft desillusioniert. Bereits 1827 hatte Grabbe mit seinem satirischen Lustspiel "Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung" zynisch mit seiner Mittelmäßigkeit und Korruption verkommenen Zeit abgerechnet.

Der zweifellos bedeutendste Dramatiker der Restaurationsphase ist Georg Büchner (1813-37). In seinem Revolutionsdrama "Dantons Tod" (1835) handelt nicht der Held, sondern der blinde Fatalismus der Geschichte. Die Revolutionsmaschinerie, die sie selbst in Gang gesetzt haben, überrollt am Ende beide. "Die Welt ist das Chaos".
Tiefste resignation und Melancholie beherrschen auch Büchners einziges Lustspiel "Leonce und Lena" (1838) Zukunft scheint offenbar nur noch möglich als ironischer, sich selbst parodierender Entwurf.

Das lyrische ich zwischen Revolution und Resignation

Die Geschichtsphase der Restauration brachte eine Reihe bedeutender lyrischer Leistungen hervor.
Eduard Mörike (1807-75) wendet sich ab von einer enttäuschenden Zeit- "Laß, o Welt, o laß mich sein!"-, um ungestört mit seinem Selbst umgehen zu können ( "Gedichte", 1838).
Der deutsch-ungarische Lyriker Nikolaus Lenau (1802-50) spiegelt seine eigene innere Zerissenheit in bewegten Naturbildern. ("Schilflieder", "Gedichte", 1832). Erst in seinen späten Gedichten findet er zum Einklang in Frieden der Natur. Aufgehoben und getröstet fühlt er sich im Wechsel von Werden und Vergehen ("Waldlieder", 1843/44).

In der Verschmelzung mit ihrem natürlichen Daseinsraum erlebt Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848) die persönliche Befreiung vom gesellschaftlichten Druck ("Gedichte", 1844). Sie entfaltet sich harmonisch mit dem Lebendigen: "Süßer Taumel im Gras" ("Im Grase", 1844).
In der Zeit vor 1848, in der Phase des sogenannten Vormärz, entwickelte sich in Deutschland erstmals eine selbständige politische Lyrik.
Den Anfang macht Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874), der Dichter des "Deutschlandlieds", mit seinen "Unpolitischen Liedern" (1840f.)
Ihm folgen Georg Herwegh (1817-75), "Gedichte eines Lebendigen", (1841-43) und Ferdinand Freiligrath (1801-76) mit "Ein Glaubensbekenntnis". In oft leidenschaftlichem Phantos wrd die Freiheit als unveräußerliches Menschenrecht eingefordert. (1844)

In Heinrich Heines (1797-1856) lyrischem Werk vereinigen sich alle wesentlichen Tendenzen der Restaurationslyrik. Knüpft er mit seinem "Buch der Lieder" (1827) noch an die romantische Liedtradition an, die er allerdings bereits ironisiert, so wendet er sich in den "Neuen Gedichten" (1844) verstärkt dem Zeitgedicht zu, in dem er aktuelle politisch-soziale Probleme verarbeitet. Sein berühmtes Zeitgediht, das "Lied von dem Schlesischen Webern", entstand 1847.
Einen Höhepunkt stellt der 1851 erschienene "Romanzero" dar. Insbesondere der Zyklus "Lazarus" enthält Heines intimste Auseinandersetzungen mit den Hoffnungen und Sehnsüchten des Menschen und seinen Leiden an der eigenen Gebrechlichkeit und der Unvollkommenheit der Welt.

"Goldne Wünsche! Seifenblasen!
Sie zerrinnen wie mein Leben -
Ach, ich liege jetzt am Boden,
kann mich nimmer mehr erheben."

Leben über dem Abgrund- Das Leben im Spiegel der Novelle

Im Zentrum der restaurativen Novelle steht der entsagende, in Krisen verwickelte und scheiternde Mensch.
Charakteristisch ist Jeremias Gotthelfs (d.i. Albert Bitzius, 1797-1854) "Schwarze Spinne" (1842).
In einer Zeit gescheiterter revulotionärer Anstrengungen und der Unterdrückung freiheitlicher Entwicklungen ist die Sensibilität für das Abgründige des Daseins gestiegen.
Tragisch ist die Grundstimmung in Eduard Mörikes "Mozart auf der Reise nach Prag" (1855).
Auch Georg Büchner schildert auswegloses Scheitern als Ausdruck des Leidens der Zeit in seiner 1839 postum erschienen Novelle "Lenz".
Der außergewöhnlichste Novellist der Zeit ist der österreichische Erzähler Adalbert Stifter (1805-68). In seiner ersten Erzählsammlung "Studien" (1844-50) ragt insbesondere die bereits 1843 erstmals erschienene Novelle "Brigitta" hervor. Aus Stifters zweiter großer Erzählsammlung "Bunte Steine" (1853) ist vor allem die Erzählung "Bergkristall" (1845) bekannt geworden.

Unheimliche Begegnungen-
Balladische Psychogramme

In einer Phase von Verunsicherungen und persönlicher Verletzungsängste entstehen phantastische Balladen.
In Heinrich Heines "Belsatzar" (1822) richten sich diese phantastischen Kräfte noch gegen den Herrscher, in Mörikes Ballade "Die Geister am Mummelsee" (1828) vertiefte er sich in die angesichts einer menschlich zutiefst ungenügenden Zeit in das immerwährende vergessen zu versinken.

Zeit und Raum - sinnliche Qualitäten in der Prosa

In der Restaurationszeit entwickelte sich eine Reiseliteratur.
Am Anfang steht Heinrich Heines 1826 erschienene "Harzreise", indem er Restaurationsbürgertum mit dem Rationalismus des Wissenschaftsbetriebs konfrontiert. Darauf folgen die "Nordsee-Reisebildern" (1827), in denen er kritik am herrschenden Adel übt. Die italienischen "Reisebilder" (1830/31), erörtern die Möglichkeiten geistiger und politischer Emanzipation.

Auch Pückler-Muskau (1785-1871) verknüpft in seinen "Briefen eines Verstorbenen" (1830/31) Raumschilderung und Zeitkritik.

Karl Immermann (1796-1840) entwirft in seinem "Münchhausen" (1838/39) das Modell eines Zeitromans, der im erzählten Nacheinander keine Entwicklung mehr gestaltet, sondern im Nebeneinander von Episoden und Einzelszenen ein komlexes, kritisches Bild der Zeit.

Adalbert Stifter blendet in seinem Roman "Der Nachsommer" (1857) die gesellschaftlich-geschichtliche Wirklichkeit nahezu aus.

Realismus

Aus der Enge in die Tiefe

Anders aber als die restaurative Politik des Wiener Kongresses löste die neuerliche Enttäuschung lieberalen Hoffnungen weder einen verstärkten Rückzug in die Innerlichkeit noch gesteigerte kritische Aktivitäten aus. Vielmehr begann man,
nüchtern und illusionlos die eigenen Lebensmöglichkeiten auszuloten.
Poetischer Realismus wie ihn Otto Ludwig (1813-65) definiert, verwirklicht sich vor allem als Symbolkunst. In der sinnbildlich künstlerischen Gestaltung hebt der Mensch sein einseitiges Bestimmtsein durch die Dinge und Verhältnisse auf. Selbst noch dort, wo der einzelne wie in der Novelle ausweglos verwickelt erscheint, sind seine Beschädigungen und sein Untergang nicht die Folgen einer undurchschaubaren Fatalität, sondern die Kosequenz aus dem menschlichen Handeln, dessen negative Auswirkungen der Mensch selbst zu verantworten hat.

Sinnlichkeit und Sinn-
Die Lyrik Storms und Meyers

Das gelungene realistische Gedicht ist eine in sich geschlossene Symbolkomposition, die den verborgenen Sinn transparent werden läßt.
Das lyrische Ich in Theodor Storms (1817-88) großen Gedichten formuliert Erfahrungen des Daseins, Lebenskräfte, das Einssein des Menschen mit allem Wachsenden und Vergehenden.
Was er in den Gedichten "Abseits" (1847) und "Die Stadt" (1851) und "Am Meeresstrand" (1854) ganz deutlich werden läßt.

"...Nocheinmal schauert leise,
Und schweigt dann der Wind;
Vernehmlich werden die Stimmen,
Die über der Tiefe sind."

Wachsen die lyrischen Sinnbilder Storms wie selbstverständlich, aus dem sinnlich Erfahrenen heraus, so erscheinen die Gedichte Conrad Ferdinand Meyers (1825-98) als symbolisch sorgfältig komponierte Kunstgebilde. Das Gedicht "Der römische Brunnen" (1882) wird zum Sinnbild des Nehmens und Gebens. Bei dem Gedicht "Auf dem Canale Grande" (1889) begreift er die Leidenschaft des Lebens als Gondelfahrten, eines erfüllten Augenblicks.

"Eine kleine, kurze Strecke
Treibt das Leben leidenschaftlich
Und erlischt im Schatten drüben
Als ein unverständlich Murmeln."

In dem Gedicht "Zwei Segel" (1870), erscheint das Leben als Schiffsfahrt.
Bei Storm wie bei Meyer weist alle Erscheinung in die Tiefe, offenbaren sich im Sinnlichen und im scheinbar getrennten der Sinn und der geheime Zusammenhang des Lebens.


Monika Hubl-Moussa


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